Die drei Ts,  Training

Lernverhalten Hund

Am 5. März war ich auf einem Seminar von einer Freundin, die eine eigene Hundeschule betreibt und von der ich schon unfassbar viel lernen konnte. Der Name ihrer Hundeschule „Bündnis Hund“ sagt schon vieles über ihre Trainingsphilosophie aus, nämlich dass wir ein Team bilden und keine Hirarchie oder ein Matriarchat oder Patriarchat. Es läuft auf partnerschaftlicher Ebene und es wird auf Bedürfnisse und Charakterzüge eines jeden Mitglieds dieses Bündnisses Rücksicht genommen.

Ein Hund lernt immer!

Das ist auch der Grund, warum es so schnell zu Fehlverknüpfungen kommen kann. Ein Hund lernt mit allen Sinnen und Sinneseindrücken. Der Hund hat zum Beispiel nie Angst bei Wind oder Gewitter und von einem Tag auf den anderen gerät er plötzlich in Panik und man kann es sich gar nicht erklären. Wie kann es dazu kommen. Bei Shiva habe ich es mühselig rekonstruiert und schließlich eine Lösung und auch einen Ansatzpunkt gefunden.

Was war passiert?

Es war ein heißer Sommertag und Shiva lag im Wohnzimmer zwischen Couch und Fensterfront auf dem Boden. Dort ist es schattig und kühl. Die Rollläden sind teilweise unten und durch die Fenster weht ein leichtes Lüftchen. Angenehm. Man möchte sich grade dazu legen. Der Wind legt zu und es braut sich ein Gewitter zusammen.

Auf einen Schlag fällt ein Blumentopf vom Fensterbrett genau vor Shiva auf den Boden, sie erschrickt und springt zurück, stößt gegen eine Stehlampe und die fällt mit lautem Scheppern um. Shiva hatte sich zu allem Überfluss noch mit der Gartenleine in der Stange der Stehlampe verfangen und war vollkommen aus dem Häuschen.

Mittlerweile arbeiten wir an dieser Angst intensiv und sie ist bei Gewitter zwar nervös, aber nicht mehr ängstlich oder panisch. Aber wir haben einen langen Weg hinter uns und arbeiten uns an jeder Kleinigkeit ziemlich ab.

Große Baustelle: Hundebegegnungen

Das ist ein Kapitel für sich. Eigentlich sind es zig Kapitel… Mindestens ein ganzes Lexikon. Ach, es ist die unendliche Geschichte. So viele Beiträge von mir drehen sich nur um dieses Reizthema.

Mal verlieren wir, mal sind die anderen die Gewinner.

Aber warum? Weil ich inzwischen eine eigene Panik aufgebaut habe. Ich habe immer Fluchtwege gesucht. Es gab verschiedene Vorfälle. Shiva wurde verletzt, ich wurde verletzt. Wir wurden beschimpft, gejagt und immer aufs neue verunsichert. Aber wir finden unseren Weg.

Shiva hat so viele Verhaltensketten aufgebaut, die ich erstmal auseinanderdröseln muss, um überhaupt einen Ansatzpunkt zu finden. Beim Seminar wurde mir einiges klar, auch mein eigenes Fehlverhalten und Fehlinterpretationen. Also muss ich mich selber umstellen, um es Shiva leichter zu machen.

Die vier F’s

Der Hund hat ein bestimmtes Muster, neue Situationen zu analysieren und einzuschätzen. Das lässt sich in die vier F’s einteilen. Die Situation tritt ein:

Der Hund erstarrt (=Freeze) und schaut sich das an, was da so plötzlich ist. Ich nenne es gerne „glotzen“. Aber es ist doch viel mehr. Shiva versucht schnell einzuschätzen, ob die am Horizont aufgetauchten Hunde eine Gefahr darstellen oder es doch nur spielende Hunde sind, die sie überhaupt nicht beachten. Oder ein Baumstumpf, der von der Sonne angeschienen wird und nun plötzlich ganz anders aussieht.

Nun geht es weiter. Shiva kann sich nicht wirklich entscheiden, dass die spielenden Hunde wirklich ungefährlich sind. Sie versucht Abstand zwischen sich und die Hunde zu bringen und vergrößert die Distanz (=Flight/Flucht). Meistens lösen wir die Situationen so auf. Sie bleibt aber immer in Habacht und beäugt misstrauisch weiterhin die Richtung, wo die Hunde zuletzt waren. Wenn es blöd läuft, den ganzen anderthalbstündigen Spaziergang. Das macht echt keinen Spaß, weil sie immer zum „Glotzen“ stehen bleibt.

Der direkte Kontakt…

Nächste Stufe. Wir haben keine Chance zur Flucht gehabt und müssen uns der Situation stellen. Die Hunde kommen auf uns zu. Shiva hopst fröhlich an der Leine rum und albert nach Leibeskräften (=fiddle around). Die meisten sagen: „Yeah! Die freut sich ja doch, lass sie rennen.“ Ich weiß, dass sie versucht zu deeskalieren und vor lauter Panik nicht ein und aus weiß. Sie blödelt rum, um harmlos zu wirken.

Ich habe nun schon beide Methoden versucht. Ich unterhalte mich mit dem Gegenüber und beide Hunde sind an der Leine.  Entspannt Shiva und legt oder setzt sich ab, kann ich davon ausgehen, dass sie nun ihre Analyse zu Gunsten des anderen Hundes abgeschlossen hat. Aber spielen lasse ich sie dennoch äußerst selten, da es schnell umschlägt, weil sie einfach Schmerzen hat und ein Rempeln bei ihr eine sofortige Attacke zur Folge hat.

Die zweite Methode ist, dass ich mit Begründung auf Shivas Arthrose das Spiel bedauernd ablehne und wir unseres Weges gehen. Manchmal schließt sich noch ein nettes Gespräch an, aber die meisten gucken nur verwirrt und maulen „der arme Hund, darf nicht mal spielen… dabei hätte sie so gerne…“

Es gibt aber auch die Begegnungen, die so richtig Kacke laufen. Das Gegenüber lässt den Hund frei laufen, er rumpelt in Shiva oder mich rein und kassiert eine sofortige Schelle (=Fight). Ich versuche natürlich diese Variante zu vermeiden, aber manchmal geht es einfach nicht.

Was wir jetzt machen?

Derzeit arbeite ich mit Shiva eine kleine Verhaltenskette neu auf. Sie darf gucken, sie darf analysieren und ich rufe sie aber nach kurzer Zeit mit dem Kommando „schau“ zu mir. Das „schau“ habe ich mir leider vorher schon kaputt gemacht. Ein ursprünglich aufgebautes Kommando fürs perfekte Foto. Leider habe ich sie falsch belohnt bzw. das „schau“ nicht als stehendes Kommando aufgebaut. Sie kommt bei „schau“ zu mir und bekommt ihr Leckerchen. Das ist nun natürlich ideal, da ich ein bestehendes Kommando, das immer gut besetzt ist, für ein neues Training einsetzen.

Rückruf „Schau“

Wir machen das jetzt seit ca. 10 Tagen und ich merke, wie Shiva weniger rumguckt oder sich festguckt. Sie schaut mal kurz hin, zuckt innerlich die Schultern und kommt zu mir. Ist es eine Situation, die längeres gucken erfordert, lasse ich ihr etwas mehr Zeit und rufe sie dann zu mir. Sie wird für jedes einzelne Mal belohnt. Auch, wenn ich mehrmals rufe. Danach gehen wir entweder weiter oder machen ein kleines Spiel.

Fazit

Ein Hund lernt sein Leben lang. Er kann auch schon lange verinnerlichte Fehlverknüpfungen lösen und neu verknüpfen, aber man muss den verdammten Knackpunkt finden.

Viel Spaß beim Lernen!

Sandra & Shiva

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